Neues Verkehrsmittel in Mexikos Hauptstadt

Seit dem Sommer 2021 darf Mexikos Hauptstadt ein neues Transportmittel präsentieren – ein Seilbahnsystem. »Sistema de Transporte Público Cablebús« nennt sich der Hoffnungsträger im sonst völlig überlasteten Verkehrschaos in Mexiko City. Zwei Seilbahnen sollen die Transportzeit merklich verkürzen und die Anwohner der Vororte besser an das Metro-System anbinden.

Moderne Mobilitätsform für die Hauptstädter

Nach einer erfolgreichen Testphase wurde die Seilbahn mit dem Namen »Cablebús Línea 1« im Juli 2021 offiziell eingeweiht. Die 2. Linie war im August 2021 betriebsbereit. Das neue Angebot in Mexikos Hauptstadt hat sich bei Anwohnern als Hit erwiesen, da sie das Luftverkehrsmittel weitaus häufiger nutzen als vorhergesagt.

Auch finanziell ist die Seilbahn erschwinglich, das war ein wichtiges Anliegen der mexikanischen Behörden, damit auch Benützer mit bescheidenen Mitteln sich die Fahrt leisten können. Die Tickets kosten 7 Pesos (EUR 0,30) für die breite Öffentlichkeit, wobei Senioren, Kinder unter 5 Jahren und Menschen mit einer Beeinträchtigung kostenlos fahren. Der Cablebús fährt unter der Woche von 5 bis 23 Uhr, am Wochenende und an Feiertagen mit leicht reduzierten Zeiten.

Seilbahn als urbanes Transportmittel
Die Seilbahn als neues urbanes Transportmittel in der Millionenstadt. (Bild: Doppelmayr.com)

Seilbahn als Transportlösung

Traditionelle Transportlösungen wie Bus- oder U-Bahnlinien sind in den dicht gedrängten Vororten und Slums fast unmöglich. Die Häuser und Straßen befinden oft an steilen 15-Grad-Hängen und Wegerechte schwer umsetzbar sind. Die Vorteile einer Seilbahn liegen auf der Hand: Die Transportzeiten werden stark reduziert und die sonst total überfüllten und unbequemen Minibusse können gemieden werden.

Wie dies überall auf der Welt und insbesondere auch in Mexiko üblich ist, loben sich die Politiker gleich selbst in den Himmel für den Meilenstein im Verkehrswesen. Mexiko Citys Bürgermeisterin Dr. Claudia Sheinbaum hob den sozialen Nutzen der Seilbahn hervor und bezeichnete sie als wichtiger Baustein für die Verbesserung des sozialen Gleichgewichts.

Slums und Vorort in Mexiko City
Die Vorort und Slums waren bisher schlecht erschlossen mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Cablebús Línea 1

Die Seilbahnlinie 1 führt über fast 10 km durch ein hügeliges Arbeiterviertel im Stadtteil Gustavo A. Madero im Norden der Millionenstadt und verbindet das Viertel Cuautepec mit der Metro- und Busstation Indios Verdes, einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt. Sie verfügt über sechs Stationen und führt über 63 Masten. Sie fährt mit 5-6 Metern pro Sekunde oder ca. 20 Kilometer pro Stunde.

Beachtliche 377 Kabinen mit einer Kapazität von 10 Personen sind im Einsatz und können täglich 144‘000 Personen befördern. Die Strecke dauert 33 Minuten, die Fahrzeit konnte also mehr als halbiert werden. Gebaut wurde das luftige Transportmittel vom österreichischen Unternehmen Doppelmayr, dem gemäß eigenen Angaben führenden Hersteller von Seilbahnen weltweit. Sie auch Doppelmayrs Pressemitteilung.

Cablebus 1 Seilbahnlinie in Mexiko
Cablebus 1, die Seilbahnlinie zur Metro-Station Indios Verdes im Norden der Hauptstadt. (Bild: Doppelmayr.com)

Cablebús Línea 2

Die Linie 2 ergänzt das Angebot der öffentlichen Verkehrsmittel im östlichen Stadtteil Iztapalapa. Die Strecke misst rund 11 Kilometer, verbindet die Metro-Stationen Constitución de 1917 und Santa Marta. Es ist somit eine der längsten Seilbahnlinien Lateinamerikas. Dabei werden 7 Haltestellen bedient. Die Fahrt dauert 40 Minuten, was nach Schätzungen der Hauptstadtbehörden eine Einsparung von etwa 30 Minuten im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln bedeutet. Etwas mehr als 300 Kabinen sind hier im Umlauf, ebenfalls mit einer Kapazität von 10 Personen. Interessanter Fakt, diese zweite Linie wurde nicht mehr von Doppelmayr, sondern vom konkurrierenden italienischen Hersteller Leitner (Bericht auf der Website des Unternehmens) errichtet.

Bereits geplant ist auch die Linie 3, welche voraussichtlich im 2022 im südöstlichen Stadtbezirk Tlalpan in Angriff genommen wird.

Verkehrsmittel Metro in Mexiko-Stadt
Die Metro gilt als wichtigstes Verkehrsmittel in Mexiko-Stadt, ob die Seilbahn eines Tages eine ähnliche Wichtigkeit erhält?

Urbane Seilbahnen in Lateinamerika

Das wohl bekannteste Seilbahnsystem in Lateinamerika befindet sich in Boliviens größter Stadt La Paz, dort sind die etlichen Linien gar nicht mehr wegzudenken aus dem Stadtbild. Die Purple Line befördert dort rund 58‘000 Personen pro Tag. Auch Medellín in Kolumbien und Río de Janeiro in Brasilien setzen auf das Transportmittel durch die Luft.

Seilbahn mit touristischem Potenzial?

In La Paz ist die Fahrt in der Seilbahn auch für Touristen zu einem Highlight geworden. Das Schweben über die scheinbar willkürlich erbauten Stadtviertel in der spektakulären Kulisse der umliegenden Bergriesen ist einfach faszinierend. Ob auch für Mexiko-Stadt ein touristisches Potenzial vorhanden ist, wagen wir momentan zu bezweifeln. Die Vororte Mexikos gelten als problematisch, als soziale Unruheherde mit erhöhter Kriminalität unter der Vorherrschaft von anarchistischen Straßengangs. Ein Besuch wäre wohl nur mit einheimischer Begleitung überhaupt eine Option.

Doch was bringt die Zukunft? In Zacatecas ist die urbane Seilbahn auf den Cerro de la Bufa schon seit den 1970er Jahren eine Attraktion. Nun wirbt die zentralmexikanische Stadt auch mit dem Slogan »El primero de México«, also mit der ersten Seilbahn Mexikos.

Gut möglich, dass Mexiko-Stadt weitere Seilbahnlinien in Betrieb nimmt. Allenfalls dann sogar mal nicht ausschließlich für verkehrspolitische, sondern auch für touristische Zwecke, um gewisse Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt miteinander zu verbinden. Reizvoll ist es bestimmt auch in Mexiko City allemal, um über das schier endlose Häusermeer zu gleiten.

Mexiko-Stadt, 11. August 2021, Hauptbild: Leitner.com