Von der Fiesta zum Chefkoch

René Hiltebrand wandert als Koch nach Mexiko aus und verzaubert seine Gäste in einem Hotel in Cancún mit überraschenden Menüs aus seinem reichhaltigen Repertoire der mexikanischen Küche.

Herr Hiltebrand, woher kommt Ihre Leidenschaft für den Kochberuf?

Eigentlich wollte ich mal Landschaftsgärtner werden. Doch machte mir das Experimentieren in der Küche meiner Mutter schon immer ungemein Spass und schlussendlich ermunterte sie mich eine Kochlehre zu absolvieren. Dafür bin ich ihr bis heute sehr dankbar, der eingeschlagene Weg hat sich für mich als Glücksfall erwiesen.

Wie kommt man als deutscher Koch nach Mexiko?

Am Anfang stand der Besuch eines Latino-Festivals in Berlin. Ich lernte da einige nette Mexikaner kennen, die mir von ihrem Land vorschwärmten und mir die Jobmöglichkeiten im touristischen Cancún erläuterten. Schon nächsten Sommer verbrachte ich mit Freunden drei Wochen Urlaub in Mexiko, auf der Halbinsel Yucatán. Wir reisten auf eigene Faust, so ursprünglich wie möglich sollte es sein.

Sehr bald schloss ich Land und Leute ins Herz und statt mit den Jungs das Nightlife von Cancún unsicher zu machen, knüpfte ich bereits Kontakte in einigen grösseren Hotels. Als Koch ist das glücklicherweise nicht so schwer. Ich war ungebunden und damals wie heute unternehmungslustig. Ich merkte sehr bald, dass eine grosse Fluktuation herrschte, das heisst es waren andauernd irgendwelche Stellen frei. Schlussendlich klappte es in einem eher kleinen Hotel. Ich sagte denen ich sei in drei Monaten zurück und ein Handschlag besiegelte diesen mündlichen Arbeitsvertrag.

Restaurant-Bar am karibischen Strand
Beach Bar und Restaurant am karibischen Strand.

Entsprachen die ersten Wochen und Monate in Mexiko Ihren Vorstellungen?

Ich glaube so richtig vorstellen kann man sich einen Auslandsjob gar nicht. Nach meiner kurzen Urlaubsreise konnte ich auch nicht behaupten, das Land wirklich gut zu kennen. Es war ein intensiver Anfang, ganz bestimmt, mit Höhen und Tiefen. Allenfalls hätte jemand anderes bereits das Handtuch geschmissen und den Einsatz abgebrochen. Mit viel Offenheit, Flexibilität und Lernbereitschaft war ich jedoch alles in allem schnell drin im mexikanischen Arbeitsalltag. Der Beruf des Kochs ist sehr international, mit Fleiss und Qualitätsbewusstsein hatte ich das lokale Team bald auf meiner Seite und dann waren wir ein Herz und seine Seele zum Wohle der Gäste (lacht).

Wie stand es um die Kommunikation, sprachen Sie spanisch?

Nach der Rückkehr meiner kleinen Rundreise durch Mexiko schrieb ich mich sofort für einen Spanischkurs ein, kein Witz. Ich war mir der Wichtigkeit der Sprache durchaus bewusst, war aber auch realistisch genug, bei den bescheidenen Fortschritten in den drei Monaten in Deutschland nicht zu verzweifeln. Dazu konnte ich meine vorherigen Arbeitgeber überzeugen, eine Mexiko-Woche anzubieten, bei der wir jeden Abend ein neues 5-Gang-Menü mit mexikanischen Spezialitäten anboten. Ich war also plötzlich im Besitz der besten Kochbücher der mexikanischen Küche, die Hälfte davon in Spanisch und lernte in kürzester Zeit sprachlich wie auch fachlich sehr viel dazu.

Wie ist die kulinarische Ausrichtung im Hotel-Restaurant in Cancún?

Durch den Status eines Boutiquehotels der gehobenen Klasse muss auch die Küche erstklassig sein. Das Restaurant ist ganz klar international ausgerichtet, mit italienischen und mediterranen Einflüssen und einem asiatischen Touch. Oft versuche ich mich mit der trendigen Fusion-Kitchen, also der Vermischung von traditionellen mexikanischen Speisen z.B. mit asiatischen Gewürzen. Wegen der vielen amerikanischen Touristen kreierten wir unseren eigenen Gourmet-Burger, mit Schweizer Käse und einer feurigen Chimichurri-Sauce.

Ein Koch bereitet Spezialität aus Yucatán zu
Unter dem kritischen Blick des Teams bereitet ein mexikanischer Koch eine Spezialität aus Yucatán zu.

Was halten Sie von der mexikanischen Küche?

Natürlich fasziniert sie mich, sonst hätte ich den Sprung nach Mexiko wohl nicht gemacht! Die mexikanische Küche gehört zweifellos zu den grossen Küchen der Welt. In jeder grösseren Ortschaft gibt es ein mexikanisches Restaurant in Deutschland. Nur findet man trotz der stattlichen Auswahl eher selten die richtigen mexikanischen Klassiker und Spezialitäten, wie zum Beispiel Pollo en Mole Poblano (Huhn in einer Chile- und Schokoladensauce), Pozole (deftiger Eintopf aus Zentralmexiko), Chiles en Nogada (mit Hackfleisch gefüllte Chiles) oder Cochinita Pibil (pikant gewürztes Schweinefleisch). Ich mag insbesondere auch die eigentümliche Küche der Region Oaxaca.

Haben Sie ein mexikanisches Lieblingsgericht?

Auf meiner Reise durch Zentralmexiko lernte ich den mexikanischen Koch José Miguel Gutiérez kennen. Er inspirierte mich für das Experimentieren mit dem mexikanischen Rindsfleischschnitt Arrachera, serviert auf einem Bett Hibiskus-Blätter und einer mit Tequila angereicherten Sauce, einem Geheimrezept von Josés Grossmutter. Das Gericht wurde bei uns im Restaurant zum Klassiker und wurde sogar mal in einem Zeitungsbericht der L.A. Chronicles lobend erwähnt (lacht).

Was auch viel Spass macht, ist die Zubereitung unseres Caesar Salads. Und wer dachte, die Namensgebung des Salats gehe auf den grossen römischen Herrscher Julius Caesar zurück, liegt auf dem kulinarischen Holzweg. Erfinder des knackigen Salats ist Cesare Cardini, der ein Restaurant in der nordmexikanischen Grenzstadt Tijuana betrieb.

Ihre Empfehlung eines typischen Getränks?

Sehr erfrischend empfinde ich das Agua de Horchata, ein aus Reis und Wasser zubereitetes Getränk. Das etwas dunklere Bohemia ist mein Liebling unter den Bieren und als Cocktail empfehle ich eine Erdbeer-Margarita mit einem Tequila Hornitos Reposado.

Cerveza Bohemia Premium Bier
Gehobene Braukunst bietet eine Cerveza Bohemia.

Welche Gäste sind Ihnen am liebsten?

Die Entdecker, die unvoreingenommen bereit sind, alles zu probieren. Die meisten Hotelgäste bleiben 1-2 Wochen bei uns in Cancún im Urlaub und durch meine starke Präsenz im Speisesaal, lernt man sich kennen. Da ist unser Team auch mal bereit auf spezielle Kundenwünsche einzugehen für die Gestaltung des Abendessens am nächsten Tag.

Wie steht es mit Reisen und Ferien?

Das ist so eine Sache. Ich arbeite wohl an einem der attraktivsten Touristenorte der Welt, doch richtig viel Zeit für Urlaub bleibt mir nicht. Ich versuche all zwei Wochen einen Freitag einzuschalten, den ich mal mit Nichtstun in meiner Hängematte geniesse oder noch so gerne auf Ausflügen die Region Yucatán erkunde. Als Reiseziel würde mich die Gegend nördlich von Mexiko-Stadt reizen, z.B. der Bundesstaat San Luis Potosi, der relativ unbekannt ist, jedoch etliche tolle Highlights bietet, wie ich mir habe sagen lassen.

Ein Blick in die Kristallkugel und die Zukunft?

Ich bin sehr glücklich hier in Mexiko und die Arbeit als Koch erfüllt mich total. Momentan stimmt einfach alles. Was mittelfristig sein wird, steht nicht mal in der Kristallkugel. Ich denke es wird mich früher oder später nach Deutschland zurück ziehen und wer weiss, ob ich mich mit einem eigenen (mexikanischen) Restaurant verwirklichen kann.

Das Interview wurde im Sommer 2021 von einer mexikanischen Journalistik-Studentin geführt. Die Übersetzung erfolgte durch das Planet Mexiko Team.


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