Mann & Frau, Heirat, Familie, Kinder, Verwandtschaft

Wie lernen sich Mexikaner und Mexikanerinnen kennen? Gibt es Sex vor der Ehe? Wann erfolgt die Familiengründung? Wie feiern die Mexikaner die Hochzeit? Welche Unterschiede gibt es zu deutschen Familien? Wie viele Kinder hat eine mexikanische Familie? Wie steht es um die Kinderrechte? Gibt es eine Rollenverteilung zwischen Mann und Frau? Wie weit ist die Emanzipation in Mexiko? Sind Verwandte wichtig? Welches ist die dominante Religion der Mexikaner?

In Mexiko ist die Familie das Herz und die Seele der gesellschaftlichen Struktur. Ohne Grossvater und Grossmutter, Onkel und Tante, Cousins und Cousinen werden keine Feste gefeiert und kein Urlaub verbracht. Familienbanden helfen in der Not, verschaffen behördliche Gefallen und verschaffen Jobs. So prägt die Familie weiterhin den einzelnen Menschen weit mehr, als dies in europäischen Ländern der Fall ist.

Ein Grossteil der in ländlichen Gebieten lebenden Mexikanern lebt nach eher konservativen und traditionellen Werten. Alleinerziehende Elternteile, Patchworkfamilien oder gar gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind selten und bei einer breiten Bevölkerungsschicht sogar ungern gesehen. Die Stadtbevölkerung lehnt sich eher an ein progressives Familienmodel. Die mexikanische Gesellschaft ist im Wandel, der Stellenwert der Familie wird vermehrt vom nordamerikanischem und europäischem Vorbild geprägt. Eines haben jedoch alle Familien gemeinsam, sie pflegen eine ausgeprägte Gastfreundschaft.

Verwandte und Familie
Mexikanische Familie auf dem sonntäglichen Gang zur Kirche.

Unterschied Familien in Mexiko und Europa

Während in Europa Jugendliche im Teenageralter gerne in eine WG ziehen oder schon in den ersten Jahren der berufliche Karriere einen eigenen Haushalt gründen, leben 90% der unverheirateten MexikanerInnen immer noch bei den Eltern. Ein weiterer Unterschied zu Europa ist die Grösse und Zusammensetzung der Familien. Auf dem alten Kontinent bestehen sie aus den Eltern mit ein bis zwei Kindern, also aus zwei Generationen. Mexikanische Familien haben meist mehrere Kinder, dazu leben allenfalls noch die Grosseltern, Neffen und Nichten, Onkel und Tanten, Cousin und Cousinen zusammen. Bei einem Todesfall, Jobwechsel oder fürs Studium ziehen enge Verwandte gerne ein, alleine eine Wohnung zu beziehen ist unüblich.

Vater und Mutter mit Kinder
Eine junge Familie mit Vater, Mutter und bereits drei Kinder.

Eheschliessung und Familiengründung

Die Familiengründung startet mit der Ehe, entweder nach dem Kennen- und Liebenlernen eines Paares oder die Eltern der beiden Familien mischen sich nach wie vor gerne mit ein bei der Partnersuche. Hochzeitsfeiern orientieren sich nach dem vorherrschenden katholischen Glauben, unter anderem setzt es die Jungfräulichkeit der Braut voraus. Die nächste Phase wird durch die Geburt des ersten Kindes charakterisiert, der die Geburten weiterer Kinder folgen können.

Fakt ist jedoch auch, dass beim sexuellen Experimentieren jugendliche Frauen ungewollt schwanger werden und die Ehe dann gezwungenermassen geschlossen wird. Insbesondere in Bevölkerungsschichten aus einem einfachen sozialen Umfeld sieht man junge Mütter. Mitschuldig sind fehlende Aufklärung und Sexualerziehung, wie auch die archaische Einstellung der katholischen Kirche, welche den Gebrauch von Verhütungsmitteln wie Kondomen missbilligt.

Mexikanische Mutter mit Kind
Junge mexikanische Mutter mit Kind.

Rollenverteilung zwischen Vater und Mutter

Die Rollenaufteilung von Mann und Frau ist in Mexiko traditionell vergeben. Die Vater verkörpert die von niemandem in Frage gestellte Autorität. Er ist das Familienoberhaupt und erzielt das finanzielle Einkommen. Die grosse Mehrheit nimmt ihre Verantwortung wahr, andere kümmern sich nicht immer gleich einfühlsam um die Familie.

Mexikanische Männer haben den Ruf ziemliche Machos zu sein. Sie fühlen sich der Frau überlegen, möchten ihr Leben kontrollieren und dominieren. Eine intelligente Frau mit eigenen Lebensprojekten schürt schlicht die Angst. Ständig wollen sie ihre Männlichkeit unter Beweis stellen. Herablassende Sprüche über das weibliche Geschlecht gehören dazu, wie auch sexistische Bemerkungen oder einer hübschen Frau hinterher zu pfeifen. Dem Klischee des Macho entsprechend gehen etliche Ehemänner tatsächlich lieber mit Freunden ein Bier trinken oder umschwärmen eine Liebhaberin, also sich mit ihrer Frau und Kindern abzugeben.

Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau
Gleichberechtigung in Mexiko, Mann und Frau auf Augenhöhe.

Emanzipation der mexikanischen Frauen

Die traditionelle Rolle der Frau ist die Erziehung der Kinder und die Verrichtung des Haushalts. An eine Berufstätigkeit ist nicht zu denken, das würde die Autorität des Ehemanns in Frage stellen. Karriereperspektiven sind stark maskulin ausgerichtet. In ländlichen Regionen Mexikos ist dies oftmals immer noch der Alltag.

Doch die mexikanische Gesellschaft befindet sich im Umbruch. Die Emanzipation hat schon lange begonnen, um den Frauen endlich die Rechte einzugestehen und eine Gleichberechtigung sicherzustellen. Vor allem in den 1980er Jahren ist Bewegung in diese Bestrebungen gekommen. Frauen sind aufgestanden und haben sich zur Wehr gesetzt. In Städtischen Lebensräumen ist die gesellschaftliche Anerkennung und die berufliche Karriere selbstverständlich geworden. Junge Mexikanerinnen studieren an den besten Universitäten und engagieren sich in Politik und Kunst. Sie treffen sich mit wem sie wollen, gehen abends aus und machen ihre eigenen Erfahrungen in Sachen Liebe und Sexualität.

Trotzdem bleibt noch ein weiter Weg die gesamte Gesellschaft in Sachen Gleichberechtigung auf eine Linie zu kriegen. Religiöse Aspekte erweisen sich als hindernd, wie auch alte patriarchalische Familienstrukturen.

Eine Vorbildfunktion nimmt die mexikanische Ikone Frida Kahlo ein. Eine eigensinnige, jedoch sehr selbstbewusste Frau. Obwohl sie von ihrem Macho-Ehemann Diego Rivera hintergangen wurde, liess sie sich nicht unterkriegen und kämpfte für ihre Rechte und verdient sich den Titel als erfolgreichste Künstlerin Mexikos.

Emanzipation der mexikanischen Frauen
Emanzipation der mexikanischen Frauen: Selbstbewusste junge Mexikanerin.

Kinder

Mexikanische Familien auf dem Lande sind meist kinderreich, während in urbanen Zentren die Kinderwünsche bei eins bis zwei Kinder befriedigt sind. Ein beachtlicher Teil der Kinder wachsen ganz oder teilweise ohne Vater auf, da diese die Vaterschaft nicht anerkennen, wegen dem Job in einer anderen Stadt wohnen oder gar in die USA ausgewandert sind. Alleinerziehende Mütter sind keine Seltenheit, jedoch wird eine erneute Eheschliessung oder eine Patchworkfamilie aus religiösen Gründen und aus gesellschaftlichem Druck nicht gerne gesehen.

Der demographische Wandel in Mexiko sorgt dafür, dass rund die Hälfte der Bevölkerung unter 20 Jahre alt ist. Die Kinderrechte sind nicht ausreichend unterstützt und durchgesetzt. Dazu werden viele dieser Rechte missachtet.

Schätzungsweise ein Viertel der Kinder leben in Armut. Folglich werden sie mit unterschiedlichsten Schwierigkeiten konfrontiert. Sie können ihre Rechte für einen angemessenen Lebensraum, zur Gesundheitsvorsorge und dem Zugang zu Bildung nur schwer wahrnehmen. Da ihre Eltern nicht genügend Geld verfügbar haben, wird der Nachwuchs zur Kinderarbeit angestiftet. Die Unterstützung der Familie wird mehr gewichtet als die schulische Bildung. Ohne Wissen erhalten die Kinder jedoch später keine gut bezahlten Jobs für ihre eigenen Familien – ein Teufelskreis.

Kinder in einem Dorf der Maya
Kinder in einem Dorf der Maya auf der Halbinsel Yucatán.

Verwandtschaft

Mexikanische Familien halten zusammen. Diese enge Beziehung untereinander fungiert auch als wichtige soziale und ökonomische Stütze für weniger rosige Zeiten. Auf staatliche und religiöse Institutionen ist kein Verlass. Die Schattenseite ist die praktizierte Vetternwirtschaft, wenn Verwandte bei der Besetzung einer Stelle oder der Vergabe eines Auftrags bevorzugt werden, ohne Rücksicht auf eine fachliche Qualifikation. Dies ist erwiesenermassen ein integraler Bestandteil der mexikanischen Gesellschaft.

Familienverhältnisse dienen auch als Namen, sprich der eigentliche Name spielt gar keine Rolle mehr. Der Vetter wird als Primo angeredet, der Schwager als Cuñado, der Bruder ist der Carnal und wenn man bei einem Familienfest »Hör mal Onkel« sagt, drehen sich bestimmt mindestens fünf Tios um.

Apropos Namen, zu den meist verbreiteten mexikanischen Familiennamen gehören: Flores, García, González, Hernández, López, Martínez, Pérez, Ramírez, Rodríguez, Sánchez (in alphabetischer Reihenfolge).

Mexikanische Grosseltern
Bilder der Grosseltern hängen im Wohnzimmer.

Religion

Ein grosser Teil der Mexikaner sind römisch-katholisch (ca. 80%). In den letzten Jahrzehnten ist der Anteil der Katholiken aufgrund des Wachstums anderer christlicher Konfessionen, insbesondere verschiedener protestantischer Kirchen, zurückgegangen. Juden, Muslime, Zeugen Jehovas und Mormonen sind nur ein kleiner Teil der Bevölkerung.

Die katholische Religion dominiert den Glauben, doch nur etwa die Hälfte der mexikanischen Familien besucht regelmässig den Gottesdienst in einer Kirche. Ganz wichtig für alle sind die katholischen Feiertage. Über die Ostertage verreisen die Familienbanden gerne zusammen. Am Tag der Toten wird der verstorbenen Verwandten gedacht. Weihnachten wird mit möglichst vielen Familienmitgliedern gefeiert.

Familie mit Kind auf Motorrad
Familie mit Kind auf Motorrad unterwegs im ländlichen Mexiko.