Die Hauptstadt der Potosinos
Eine karge Landschaft aus Felsen und Bergen, wie eine Mondlandschaft ohne jedes Lebewesen, umgibt San Luis Potosi (SLP), die Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates. Die goldenen Zeiten als Bergbaustadt sind zwar vorbei, doch die hübsche Kolonialarchitektur mit einladenden Plazas und gepflegten Parks machen San Luis Potosi zu einem lohnenswerten Reiseziel.
Geschichtlicher Hintergrund
San Luis Potosi wurde 1592 gegründet, als man in der Gegend Gold und Silber entdeckte. Die Stadt war das Zentrum der spanischen Kolonialregierung und der Bergbaubetriebe der Region. San Luis spielte eine wichtige Rolle bei den politischen Unruhen nach der Unabhängigkeit Mexikos und war für kurze Zeit Sitz der Regierung von Benito Juárez.
Die goldenen Zeiten als Bergbaustadt sind zwar vorbei, doch mit dem damaligen Reichtum aus dem Abbau von Silber, wussten die Bewohner in hübsche Kolonialarchitektur, einladende Plazas und gepflegte Parks zu investieren. Rund 723’000 Potosinos, Bewohner des Bundesstaates San Luis Potosi (SLP) leben in der Hauptstadt.
Sehenswürdigkeiten und Highlights im Zentrum
Trotz der fortschreitenden Modernisierung bietet das Zentrum noch immer wunderbare Beispiele kolonialer Architektur und großzügige Parks. Das historische Herz der Stadt bildet eine Reihe schöner Plazas und gepflegter Parks, die alle durch attraktive Fußgängerzonen miteinander verbunden sind. Am besten lässt du dich treiben, von Plaza zu Plaza, und saugst das koloniale Erbe auf.
Plaza de Armas
An der Plaza de Armas, dem Mittelpunkt der Stadt, steht die zweitürmige, barocke Kathedrale. Ein mexikanisches Hochzeitspaar hat gerade den Bund des Lebens geschlossen. Extrovertiert wie sie sind, umfahren sie mit einem Cabriolet die ganze Plaza und winken den Leuten stolz zu.
Prächtige Arkaden schmücken das gleich nebenan gelegene Rathaus (Palacio Municipal). Auf der gegenüberliegenden Seite der Kathedrale steht der Regierungspalast (Palacio de Gobierno). Oft wird er nachts mit den mexikanischen Nationalfarben grün, weiß und rot illuminiert. Bei der Posada del Virrey kannst du wunderbar draußen sitzen, etwas essen und trinken, und das bunte Treiben beobachten.
Mitten in der Plaza de Armas, befindet sich ein so genannter »Kiosko«, ein sechseckiger, gedeckter Bau, wie eine kleine Kapelle. Hier finden regelmäßig öffentliche Konzerte statt.
Heute ist das Blues Fest (wirklich so auf deutsch angeschrieben) zu Gast. Die Bands wechseln sich ab mit Spielen und laden sich dann gegenseitig wieder ein, um das eine oder andere Lied mit einer anderen Formation zu präsentieren. Dem umstehenden Publikum gefällt es.
Plaza de los Fundadores
Der »Platz der Gründer« versprüht weit weniger Charme, obwohl auch er von architektonisch durchaus attraktiven Bauten umgeben ist, wie zum Beispiel die Universität. Immer präsent zu sein scheinen die Ballonverkäufer, mit ihren mit allen erdenklichen Superhelden verzierten Ballonen. So manches Kind zupft beim Anblick des verlockenden Angebots seinen Eltern am Hosenbein.
In diesen Tagen kurz vor Weihnachten wird in Mexiko traditionell der »aguinaldo«, eine Art 13. Monatslohn oder Gratifikation gutgeschrieben. Vor sämtlichen Banken und Geldautomaten bilden sich lange Schlangen. Die Bewohner von SLP sind dabei in den Weihnachtskonsum zu investieren. Trotz dem hoch gelebten Katholizismus scheint das Shopping genauso wichtig zu sein wie der religiöse und spirituelle Aspekt der Feiertage.
Plaza del Carmen
Das städtische Juwel ist die Kirche Templo del Carmen, welche mit bunten Ziegeln und sogar mit Muscheln verziert ist. Gleich nebenan ist das Teatro La Paz, ein imposantes Bauwerk mit seinem Vorbau aus Säulen.
Die Plazas von San Luis Potosi sind wie so oft in Mexiko, eine riesige Showbühne, mit offiziellen Veranstaltungen und mit freischaffenden Künstlern. Heute Samstagabend treten zwei Clowns auf. Doch die Konkurrenz ist hart, Michael Jackson höchstpersönlich versucht gleich nebenan die Gunst des Publikums für sich zu gewinnen. Was so unscheinbar aussieht, ist in Wirklichkeit ein knallhartes Business. Die Rechnung ist einfach: Mehr Publikum ergibt mehr Trinkgeld und somit ein größeres Einkommen.
Die Clowns sind mit ihren sarkastischen Dialogen gut gestartet. Doch nun zieht Michael Jackson das Publikum mit einer Werwolf-Maske und dem passend unheimlichen Tanzstil zum Lied »Thriller« in den Bann. Die Leute nähern sich gespannt. Die Clowns kontern mit einer Hula-Hoop-Nummer und der gratis Vergabe von Seifenblasen-Gefäßen. Schon ziehen die Kinder die Eltern dorthin. Der Jackson Imitator ist wieder am Zug. Mit einem neuen Outfit, einem rot-glitzernden Top und einem schwarzen Hut vollbringt er den berühmten »Moonwalk«, der leidlich gelingt. Die Mexikaner zieht es wieder zu seiner Performance…
Auf der nördlichen und westlichen Seite des Platzes findest du in den oberen Stockwerken Restaurants und Bars. Wir setzen uns in »La Santita« bei einer eiskalten Corona Extra und beobachten das bunte Treiben unten auf der Plaza.
Plaza San Francisco
Dieser Park lockt mit Schatten spendenden Bäumen und einem fotogenen Brunnen. In der Umgebung der Plaza San Francisco gibt es schöne Villen mit beeindruckenden Fassaden, einige Restaurants und vier Kirchen von unterschiedlichem Interesse. In zwei katholischen Kirchen finden Hochzeiten statt. Unweit davon hält die in Mexiko beliebte Freikirche »Luz del Mundo« ein kulturelles Fest ab. Gut angezogene Jünger gehen dabei auf Schäfchenfang.
Beim Brunnen findet ein Fotoshooting statt. Eine elegant gekleidete Mexikanerin wirft sich in Pose und lässt sich ablichten. Ob es für das Familienalbum ist? Oder ein neues Profilfoto für Facebook, Instagram und Konsorten?
Centro de las Artes de San Luis Potosi
Vom kleinen Park »Jardin Colón« mit seinem Uhrenturm, zieht sich die Calzada de Guadalupe schnurgerade in Richtung Süden. Die Fahrbahnen sind richtungsgetrennt und mittendrin befindet sich ein in Mexiko »Camellón« genannter Grünstreifen. Ein 20-minütiger Spaziergang bringt dich zu unserem persönlichen Highlight in San Luis, dem Centro de las Artes (Webseite).
Das Gebäude war früher ein Gefängnis, in dem sogar der mexikanische Präsident Francisco Madero für kurze Zeit inhaftiert war. Ohne etwas von seinem ursprünglichen Charakter zu verlieren, wurde der Komplex als Kunst- und Kulturzentrum wiedereröffnet.
Museo Leonora Carrington
Leonora Carrington wurde in England geboren. Durch die Heirat mit einem Mexikaner erlangte sie später die mexikanische Nationalität. Sie verfasste als Schriftstellerin mehrere Bücher. Bekannt wurde Leonora Carrington dagegen durch ihre surrealistischen Kunstwerke.
In den Installationen des Centro de las Artes befindet sich das Museum Leonora Carrington, mit Skulpturen, Schmuck, Gravuren und persönliche Gegenstände, die eine der emblematischsten Persönlichkeiten Mexikos des 20. Jahrhunderts enthüllen.
Die Surrealistin war befreundet mit Edward James, der einer ihrer grössten Sammler war. Auch James hat sich Mexiko als zweite Heimat ausgesucht und im Bergdorf Xilitla eine Parkanlage mit seinen Kunstwerken erstellt. Mit anderen bekannten mexikanischen Kunstschaffenden war Leonora Carrington im Austausch, darunter Frida Kahlo und Diego Rivera, sowie Schriftsteller wie Carlos Fuentes und Octavio Paz.
Reiseanekdote
Beim Coiffeur
Nach unserer Reise zu den anderen Highlights im Bundesstaat San Luis Potosi, ist es an der Zeit die Haarpracht zu stutzen. Ich betrete den Friseur »Estética Arce« in einer Nebenstraße der Fußgängerzone.
Die drei Angestellten nicken mir wenig begeistert zu, obwohl sie offensichtlich nichts zu tun haben. Der Boss bleibt demonstrativ in einem der Coiffeur-Sessel kleben. Ich bekomme die Señora zugesprochen, die arbeiten wohl mit fairem Turnus. Die Señora muss jedoch zuerst telefonieren… genau jetzt. Der Fernseher läuft mit vollem Volumen, irgendeine skandalöse Gameshow.
Jetzt bin ich dran. Schnipp, schnipp. Mein Haar gesellt sich am Boden zur Ausbeute an geschnittenem Haar des ganzen Arbeitstages. Einmal wischen pro Tag reicht.
Lautes Gähnen des ältesten Mitarbeiters. Er ist wohl müde vom langen Tag, ist auch schon fast 20 Uhr. Oder gar müde überhaupt noch in diesem Salon auszuharren, da er das Rentenalter offensichtlich schon erreicht hat? In Mexiko ist der Ruhegehalt bescheiden, falls überhaupt vorhanden. Viele Mexikaner sind gezwungen für sich selbst zu sorgen, auch in einem fortgeschrittenen Alter.
Hippe Friseurgeschäfte servieren den Kunden eine feine Tasse frisch zubereiteten Kaffees. Gehört zum guten Ton. Bei Estetica Arce Fehlanzeige. Hier dient die Kaffeemaschine nur um das Wasser zu erwärmen, für eine lauwarme Rasur rund um die Ohren und den Hals. Die Señora macht das gut und professionell. Sprechen mit Fremden ist eh Zeitverschwendung. Spiegel hinhalten, Hand für Cash hinhalten und adiós. Sie setzt sich auf meinen Ledersessel. Die Gameshow kommt in die alles entscheidende Phase. Boden wischen kann das Team Arce auch morgen noch.
Reiseinfos
An- und Weiterreise
San Luis ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Der Busbahnhof Terminal Terrestre Potosina bietet unter anderem folgende Verbindungen an:
- Matehuala (Real de Catorce), 2-3 h
- Ciudad Valles (Huasteca Potosina), 5h
- San Miguel de Allende, 5 h
- Guanajuato, 5 h
- Guadalajara, 6 h
- Monterrey, 6 h
- Mexiko City (Terminal Norte), 6 h
Um nach Real de Catorce zu gelangen, nimmst du einen Bus nach Matehuala und steigst dort um. Beachte dabei die nur unregelmäßigen Weiterfahrten nach Real de Catorce. Ein weiteres Top-Highlight im Bundesstaat San Luis Potosi ist die Huasteca Potosina, Ciudad Valles anerbietet sich als Ausgangspunkt für die Erkundung der Region.
Die verschiedenen Busunternehmen bieten einen sehr ähnlichen Standard. In der 1. Klasse fahren wir oft mit Primera Plus, können wir empfehlen.
Empfehlung Hotel und Unterkunft
Am besten quartierst du dich in einem der Hotels in der stimmungsvollen Fußgängerzone im historischen Zentrum ein. Bei unserem letzten Besuch in SLP haben wir das Mittelklassehotel Gran Concordia* gewählt. Von außen dominiert der koloniale Charakter, die Zimmer sind jedoch mit einem sehr modernen Interieur ausgestattet. Der Preis passt, rund EUR 35 für das Zimmer pro Nacht, egal ob für eine oder zwei Personen. Das Frühstück kostet zusätzlich oder man sucht sich in der Umgebung selbst ein nettes Lokal. Die Lage zwischen der Plaza de las Armas und Plaza del Carmen könnte nicht besser sein. Jederzeit gerne wieder.
Touren und Ausflüge
Auf einem Tagesausflug kannst du die Geisterstadt Real de Catorce* besuchen. Dies erspart dir die lange und nicht ganz einfache Anreise mit den öffentlichen Bussen und du erlebst alle Sehenswürdigkeiten an einem einzigen Tag. Ideal bei einem knappen Zeitbudget.
Östlich der Hauptstadt befindet sich die fantastische Huasteca Potosina, ein Gebiet mit viel Natur und zahlreichen Wasserfällen. Für die Erkundung planst du am besten 2-3 Tage ein.
* Beim Buchen über einen Affiliate-Partner, ein Hotels über booking.com oder eine Tour über GetYourGuide, erhält Planet Mexiko eine kleine Kommission. Für dich entstehen dabei selbstverständlich keine Mehrkosten.